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Bezirksschornsteinfegermeister Andreas Kahlert sorgt für Sicherheit rund um den Kamin.

Schornsteinfeger: Das Ende des Kehrmonopols und die Folgen

Andreas Kahlert ist bekannt in seinem Kehrbezirk. Über viele Jahre hat er sich das Vertrauen der Menschen, gleich ob in Unternehmen oder Privathaushalten, erarbeitet. Als Bezirksschornsteinfeger kam er regelmäßig vorbei und kontrollierte die Sicherheit der Heizanlagen. Dabei lernte er die Mitarbeiter und Familien und oft auch deren Lebensgeschichten kennen. Dann, Anfang 2013, fiel das Kehrmonopol weg. Seither können auch externe Schornsteinfeger die jährlichen Kontrollen durchführen. Jetzt zieht Andreas Kahlert nach fast zwei Jahren ohne Kehrmonopol eine erste Bilanz.

Herr Kahlert, das Kehrmonopol für Bezirksschornsteinfeger ist gefallen, haben Sie inzwischen Konkurrenz bekommen?

Andreas Kahlert: Es gibt natürlich einige neue Anbieter auf dem Markt. Aber die Befürchtung, dass sich zum Beispiel die Sanitär- und Heizungsunternehmer alle die notwendige Zusatzqualifikation für die Prüfungen holen, hat sich nicht bestätigt. Das machen bisher nur ganz wenige. Das hat auch damit zu tun, dass die prüfenden Unternehmen sich zusätzliche Verantwortung für die Sicherheit der Anlage ans Bein binden. Insgesamt ist es so, dass im Bereich der privaten Haushalte kaum Konkurrenz entstanden ist, die findet man eher im Bereich der Wohnungsunternehmen.

Welche Erfahrung haben Sie da gemacht?

Andreas Kahlert: Einen Kunden habe ich verloren, das war aber ein großer Kunde. Das musste ich erstmal kompensieren. Unter dem Strich habe ich aber mehr Kunden gewonnen als verloren.

Sie hatten in Ihrem Bezirk ein Monopol, bekommen plötzlich Konkurrenz und haben nun mehr Kunden? Wie geht das?

Andreas Kahlert: Einige Kunden habe ich aus Nachbarbezirken bekommen. Für die Zusammenarbeit zwischen Schornsteinfeger und Kunde ist es wichtig, dass die Chemie stimmt. Wenn man dann mit seinem Bezirksschornsteinfeger nicht zurechtkommt, fragen manche einfach den Schornsteinfeger des Nachbarbezirks an. Das ist ja auch völlig in Ordnung so. Bei mir kam hinzu, dass ein Unternehmen mich beauftragt hat, in Zukunft den gesamten Gebäudebestand zu betreuen, der sich über mehrere Kehrbezirke verteilt. Die wollten das einfach gebündelt in eine Hand legen.

Warum ist da nicht mehr Bewegung in den Markt gekommen?

Andreas Kahlert: Wenn die Kunden mit der Zusammenarbeit zufrieden sind, bleiben sie. Die Menschen haben oft großes Vertrauen in ‚ihren' Schornsteinfeger, gerade die privaten Immobilienbesitzer. Als Schornsteinfeger muss ich ja im Zweifel alle Räume betreten und greife tief in die Privatsphäre der Menschen ein. Ich habe von einigen Kollegen gehört, dass da ein paar Kunden mal einen externen Schornsteinfeger ausprobiert haben, dann aber wieder zu ‚ihrem' Schornsteinfeger zurückgekehrt sind. Wie gesagt, bei den Unternehmen ist die Situation etwas anders, die schauen schon eher auf die Kostenseite.

Wohnungsunternehmen können jetzt sparen?

Andreas Kahlert: Da gibt es einige externe Schornsteinfeger, die versuchen, die Preise zu unterbieten. Aber es ist ja so: Die Kosten für den Schornsteinfeger werden auf die Mieter umgelegt. Was da an Ersparnis bei den Mietern ankommt, bewegt sich mitunter im Bereich von einigen Cent. Ich kenne den Fall eines großen Wohnungsunternehmens aus der Region, das aus Kostengründen einen externen Schornsteinfeger beauftragt hat. Dort gibt es massive Probleme mit der Arbeitsausführung, der Termineinhaltung und dem vorgeschriebenen Formularwesen. Inzwischen klagt das Unternehmen über einen erheblich gestiegenen Verwaltungsaufwand und Mehrkosten durch Bußgelder.

Bußgelder?

Andreas Kahlert: Wenn Sie die Prüftermine nicht einhalten, ist der jeweils bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger verpflichtet, das der Unteren Bauaufsichtsbehörde zu melden. Hintergrund ist, dass wir dafür geradestehen, dass die Sicherheit der Anlage gewährleistet ist. Zunächst gibt es natürlich noch eine Erinnerung, aber wenn darauf nicht regiert wird, werden Bußgelder fällig. Das sind bei der ersten Stufe rund 100 Euro. Das können bis zu 2.000 Euro werden, wenn man es auf die Spitze treibt. Wenn man überhaupt nicht reagiert, kann das sogar auf eine Zwangsöffnung des Hauses durch Polizei und Ordnungsbehörde hinauslaufen.

Was führt denn zu einem steigenden Verwaltungsaufwand?

Andreas Kahlert: Zunächst einmal muss der Kunde selbst auf die Einhaltung der im Feuerstättenbescheid angegebenen Fristen achten und die Formblätter nach Arbeitsausführung fristgerecht dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zusenden. Wenn dann die Arbeit nicht korrekt ausgeführt wurde, passiert Folgendes: Der Bezirksschornsteinfeger prüft die Prüfprotokolle, stellt fehlerhafte Messungen fest oder fehlende Angaben. Dann schickt er die Formulare an den Eigentümer des Hauses zurück, der sich dann um die Korrektur kümmern muss. Gerade für ein Wohnungsunternehmen kann da eine Menge Arbeit entstehen. Wenn ich alles beim bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger belasse, habe ich da keine Last mit. Der wird sich ja nicht selbst mehr Arbeit machen.

Lädt die neue Regelung nicht auch zum Missbrauch ein?

Andreas Kahlert: Ja, sogar in mehrerlei Hinsicht. Es sind bereits zahlreiche Fälle aktenkundig, auch hier aus Essen. Zum Beispiel wurden Arbeiten von Anbietern ausgeführt, die keine Zulassung haben oder die mit nicht zugelassenen Prüf- und Messgeräten sicherheitsrelevante Messungen durchgeführt haben. Wir hatten aber auch schon Fälle, bei denen sich angebliche Schornsteinfeger unter dem Vorwand der neuen Gesetzeslage Zugang zu Häusern und Wohnungen verschafft haben. In einigen Fällen fehlten hinterher Wertgegenstände, in anderen Fällen wurde die Wohnung ausspioniert und ein paar Tage später eingebrochen. Ein Trick dabei ist, die Menschen mit Dumpingpreisen zu überrumpeln. Das ist leider gar nicht so selten. Ich hatte vor Kurzem zu dem Thema mit der Kriminalpolizei Kontakt, auch dort waren die Beamten überrascht von der Vielzahl der Fälle.

Wie kann ich mich oder meine Mieter vor Betrügern schützen?

Externe Schornsteinfeger haben keinen amtlichen Ausweis, den man kontrollieren könnte. Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger können einen von der Bezirksregierung ausgestellten Dienstausweis vorlegen. Wenn man etwa als Essener im Internet unter www.schornsteinfeger-essen.de nachschaut, kann man sicher sein, keinem Scharlatan oder Kriminellen aufzusitzen. Außerdem kann man sich auch bei der zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörde erkundigen. Das ist in Essen das Stadtamt 61-1.1.2-S. Das Wichtigste ist aber, niemanden einfach so ins Haus zu lassen, sondern sich durch eine Terminabsprache abzusichern. Allerdings ist es auch schon vorgekommen, dass die Benachrichtigungszettel von Schornsteinfegern kopiert wurden und der Diebstahl quasi ein paar Tage im Voraus angekündigt wurde. Da ist es einfach gut, wenn man seinen Schornsteinfeger kennt und weiß, wer da vor der Tür steht.

Welche Mängel bleiben denn am häufigsten unentdeckt, wenn keine Kontrolle durch einen Schornsteinfeger durchgeführt wird?

Das ist der unkontrollierte Austritt von Abgasen, wenn die Verbrennung nicht optimal funktioniert oder die Feuerstätte verschmutzt ist. In letzter Zeit haben wir immer häufiger das Problem, dass Dohlen ihre Nester in Kaminen bauen. Wenn die Abgase nicht richtig abziehen, ist das lebensgefährlich! Es geht aber auch darum zu kontrollieren, ob die Anlage effizient arbeitet und nicht viel zu viel Energie verschwendet, weil zum Beispiel der Brenner nicht richtig arbeiten kann.  

2015 sollen ja alle vor 1985 eingebauten Gas- und Ölheizungen ausgetauscht sein. Welche Rolle spielen die Bezirksschornsteinfeger dabei?

Das ist in der ENEV, der Energieeinsparverordnung, klar geregelt. Die Bezirksschornsteinfeger müssen alle Verstöße der zuständigen Behörde melden. Da gibt es inzwischen aber eine ganze Reihe von Vorschriften, deren Einhaltung wir kontrollieren müssen. Das Alter der Heizung ist da nur ein Punkt. Zusätzlich wird kontrolliert, ob die Heizung einen Außentemperatursensor oder eine Zeitsteuerung hat, ob die Heizungsrohre gedämmt sind und ob die Pumpenleistung gesteuert wird.

 

Zur Person
Andreas Kahlert war kaum älter als 14 Jahre, als er im Gebiet der Zeche Zollverein seine Lehre zum Schornsteinfeger begann. „Damals haben hier noch alle mit Kohle geheizt, die gab es ja umsonst für Bergleute als Deputat der Zeche. Wir mussten alle acht Wochen die Rückstände aus dem Kamin kehren.“ Seinen ersten eigenen Kehrbezirk hatte er in Kleve, dann, vor inzwischen 21 Jahren, übernahm er den Kehrbezirk Nr. 15 im Essener Norden, wo er 1965 seine Lehre im väterlichen Betrieb begann. Außerdem vertritt er die Essener Schornsteinfeger im Vorstand der Schornsteinfeger-Innung für den Regierungsbezirk Düsseldorf. Andreas Kahlert ist inzwischen fast 50 Jahre im Beruf. Nach seiner Pensionierung wird, mit ein bisschen Glück, sein Sohn Tobias von der Bezirksregierung auf diesen Kehrbezirk bestellt.